Methodenseminare
Erste Schritte ins Feld: Angewandte Methodenseminare am Institut für Ethnologie in Hamburg
Idealerweise sollte ein/e EthnologIn eine lange Zeit am Leben der von ihm oder ihr Erforschten teilnehmen. Allerdings ist eine solche Form der Feldforschung in den Stundenplan eines Ethnologie-Bachelorstudiums nicht zu integrieren.
Um unseren Bachelorstudierenden aber trotzdem die Chance zu geben, selber erste ethnographische Felderfahrungen zu sammeln, bietet das Hamburger Institut für Ethnologie regelmäßig zwei Methoden/Forschungsseminare im Bachelorstudium an. Das eine Seminar befasst sich mit der Erhebung systematischer Daten und heißt „Quantitative Methoden“. In diesem Seminar lernen die Studierenden zum Beispiel, einen Fragebogen zu entwickeln, zu erheben und auszuwerten.
Das andere Seminar mit dem Titel „Qualitative Daten und Methoden“ vermittelt, wie es möglich ist, mit nur einem/r InformantIn umfangreiches kulturelles Wissen qualitativ zu erheben und auszuwerten. Dabei stützen wir uns auf den von McCurdy, Spradley und Shandy entwickelten Ansatz der Untersuchung von Mikrokulturen. Kultur wird allgemein als das erlernte und geteilte Wissen definiert, welches Menschen einen Rahmen für ihr Verhalten gibt und welches sie nutzen, um Erfahrungen zu interpretieren (Mc Curdy et al. 2005: 5). Eine Mikrokultur ist nur ein bestimmter Teilbereich des Lebens, den eine Gruppe von Menschen teilt, etwa die Arbeit in einer Bank oder das Ausüben eines gemeinsamen Hobbies.
McCurdy, David W., James P. Spradley, and Dianna J. Shandy 2005: The Cultural Experience. Ethnography in Complex Society. Second Edition. Long Grove, Illinois.
Die TeilnehmerInnen des von Julia Pauli entwickelten und von wechselnden Dozent/Innen unterrichteten Seminars „Qualitative Daten und Methoden“ stellen sich regelmäßig der Aufgabe, sich selber eine Mikrokultur und eine/n Informanten/Informantin in Hamburg zu suchen. Mit dieser Person müssen dann mindestens sechs qualitative Interviews durchgeführt werden, die die/der ForscherIn im Anschluss verschriftlicht und analysiert. In den Seminaren sind über die Jahre mehrere sehr gute Berichte entstanden. Um einen Einblick in diese spannenden Forschungen und damit auch eine wichtige Tätigkeit der ethnographischen Forschung zu erhalten, werden hier einige Berichte präsentiert. Alle InformantInnen haben vor der Veröffentlichung ihre Erlaubnis erteilt und die Angaben wurden, wenn nicht anders gewünscht, anonymisiert. Über Kommentare freuen wir uns natürlich (bitte an Michael Pröpper). Viel Spaß bei der Lektüre!
Anna Nörpel (2023):
Fischer Olaf fischt frische Fische. Von den kaum beeinflussbaren Herausforderungen und ständigen Anpassungen eines Berufsfischers
Lea Albrecht (2012):
Privatheit, Gemeinschaft und Öffentlichkeit im Dominikanerkonvent
Lena Egetmeyer (2012):
Der Schuhkönig. Wie traditionelles Handwerk in Zeiten von Billigmaterialien, industrieller Fertigung und Kapitalismus überleben kann
Eva Grabinski (2015):
Gelebte Gemeinschaft: Ein ethnographischer Bericht über das Leben auf einem Bauwagenplatz
Lilian Grösser (2015):
Der Mythos von Gemeinschaft: Vergemeinschaftung in der Fanszene des FC St. Pauli
Lisa Miller (2015):
Von den Versuchungen der weltlichen Welt und der Kraft der Zeugen Jehovas, ihnen zu widerstehen
Vania Müller (2012):
Ruhe in Frieden - eine ethnografische Betrachtung von Bestattungen und deren Bedeutungen
Jenny Wolf (2012):
Außenseiter, Langeweiler, Single?! Das Leben als Groundhopper – Ein ethnographischer Bericht